Einer Gedächtniskünstlerin über die Schulter geschaut

29 Jan 2019

Was hat Selbstmotivation mit Gedächtniskunst zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nichts oder nicht viel. Aber auf den zweiten Blick stellen wir fest, dass von Gedächtniskünstlern jeder, der sein Gehirn so ganz normal benutzt, lernen kann. Sei es um sich Methoden, Werkzeuge oder wichtige Sätze zu merken. Soweit meine Theorie. Zur Praxis mehr am Schluss dieses Artikels.
Die Grundvoraussetzungen für die überwiegende Zahl von Menschen sind dieselben, die Gehirne sind gleich aufgebaut und verfügen über hübsch das gleiche Potenzial. Wieso gelingt es dann manchen Menschen sich unfassbare Mengen von Namen, Zahlen, Geschichten zu merken und anderen nicht? Wenn es sich nicht um Naturtalente handelt, waren diese besonderen Menschen besonders fleißig und haben sich mit der Funktion des Gehirns befasst. Nicht nur das, sie haben gelernt Informationen gehirngerecht aufzubereiten und abzuspeichern.

Gehirngerecht bedeutet, dass die Speicherung in einer Form erfolgt, die unser Gehirn liebt.

Und was liebt unser Gehirn? Ich liebe die Natur, Musik und gute Gespräche. Unser Gehirn mag es, wenn mit neuen Informationen zeitgleich mehrere unserer Sinne angesprochen werden. Unzählige Verbindungen (= Synapsen) werden dann zwischen den Gehirnzellen neu geknüpft und helfen dem Gehirn auf diese Weise neue Informationen in ein sicheres Netz von Verbindungen zu betten. Je mehr Verbindungen, desto leichter lassen sich Informationen, Daten, Fakten wieder abrufen und umso länger bleibt dieses Wissen gespeichert.

Christiane Stenger geht in ihrem Buch ganz detailliert, trotzdem immer amüsant und kurzweilig auf den Aufbau unseres Gehirns, sowie das bewusste Nutzen unserer Sinne im Hinblick auf Abspeichern neuer Informationen ein. Unsere Sinne sehen, hören, schmecken, riechen, fühlen sind die bekanntesten. Jedem einzelnen Sinn ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Also, wer sich für das Buch interessiert, ich kann es nur jedem empfehlen.

Ein Beispiel zum Thema „Selbstmotivation“: ich möchte mir die 1SMART-Regel merken, um künftig gesteckte Ziele erfolgreich formulieren zu können.

1= ein Ziel: ich stelle mir einen Zyklopen mit einem riesigen tränenden Auge vor, eine dicke Träne tropft nach unten

S = spezifisch: der Zyklop schlürft aus einem großen Glas Spezi, das Glas ist glatt und kühl

M = messbar: der Zyklop steht auf einer Waage, dieses zeigt exakt 1 kg an, zudem ist er genau 1 Meter groß

A = attraktiv: der Zyklop sieht aus wie George Clooney und riecht nach Espresso

R = realistisch: der Zyklop schmökert in einem Prospekt von REAL nach den günstigsten Spezi-Angeboten, das Prospekt raschelt wie trockenes Buchenlaub

T = terminiert: dummerweise ist der Zyklop in einer riesigen hölzernen Standuhr eingesperrt, die gerade 1 Uhr schlägt bzw. miaut

Wenn ich nun meinen Zyklopen auch noch male, dann habe ich ihn nicht nur vor meinem inneren Auge, sondern auch noch schwarz auf weiß vor mir liegen. Fraglich ist, ob ich die „George-Clooney-Optik“ hinbekomme, da könnte mir eine Klatsch-Tratsch-Zeitschrift helfen, woraus ich eine nette kleine Collage bastle.

Jeder hat seine ganz eigenen Ideen und Geschichten, die er verwendet, um sich etwas zu merken. Sollte jemand dabei Schwierigkeiten haben, ist es äußerst hilfreich sich einen Partner zu schnappen und gemeinsam eine möglichst bunte und lebhafte Geschichte zu entwickeln.

Das Faszinierende an „Lernen mit allen Sinnen“ ist, dass wir nicht länger dazu brauchen, als sich die bloßen Fakten immer und immer wieder vorzusagen und auf diese Weise zu lernen. Zudem macht „Lernen mit allen Sinnen“ viel mehr Spaß und ist auf jeden Fall nachhaltiger als bloßes auswendig lernen. Na, haben Sie immer noch den Zyklop vor Augen, der in der engen Standuhr Spezi schlürft?

Buchempfehlung: Wer lernen will, muss fühlen von Christiane Stenger (Rowohlt Polaris Verlag)

Die Buchempfehlung ist absichtlich nicht verlinkt. Denn ich möchte Ihnen noch einen kleinen Schlussgedanken auf den Weg geben:

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